Psychotherapie

Liebeskummer

Naomi Eisenberger vom „Department of Psychology der University of California" in Los Angeles hat in einer viel beachteten Studie festgestellt, dass sich Liebeskummer im Gehirn in den gleichen Arealen nachweisen lässt wie körperlicher Schmerz bei einer akuten Verletzung.

Auch der Hormonspiegel verändert sich durch Liebeskummer beachtlich. Während die Werte des so genannten „Glückshormons" „Serotonin" beachtlich absinken, werden vermehrt Stresshormone, wie z.B. Adrenalin produziert, was zu vermehrter Aggression und Gereiztheit führt. Viele Expert*innen vergleichen das Empfinden bei Liebeskummer mit Entzugserscheinungen bei Suchterkrankungen.

Egal ob jung oder alt, vor Liebeskummer ist niemand gefeit und Liebesschmerz tut immer weh. Dennoch gibt es dabei Unterschiede.

Bei Jugendlichen gilt Liebeskummer als die häufigste Ursache für Selbstmord. Trotzdem gelingt es gerade Jugendlichen häufig, sich schnell wieder zu verlieben.

Im Alter bedeutet der Verlust der Partnerin oder des Partners oft eine Form von Isolation, die Angst nie wieder jemanden zu finden in den man sich verlieben kann. Viele stellen sich und ihren Körper in Frage, haben Sorge nicht mehr attraktiv genug zu sein. Das ist schade, denn gerade reifere und in sich gefestigte Personen haben eine Menge an Erfahrung und (sexueller) Reife zu bieten.

Alleinerziehenden geht es oft ähnlich. Sie leiden häufig unter der Sorge, keine*n Partner*in zu finden, der ihre Kinder akzeptiert oder der von den Kindern akzeptiert wird.

Die meisten Expert*innen teilen den Liebeskummer in drei bis vier Phasen (in mehr oder weniger naher Anlehnung an die Trauerphasen von Elisabeth Kübler-Ross) ein.

  1. Phase: „Verleugnen"
    Die meisten Beziehungen werden letzten Endes von EINEM der beiden Partner*innen gelöst. Auch wenn es sich schon längere Zeit abgezeichnet hat, dass die Beziehung keine Chance mehr hat, die tatsächliche Trennung ist so gut wie immer ein Schock. 
    Die Phase des Verleugnens ist oft von der Hoffnung geprägt, den Partner oder die Partnerin wieder zurückgewinnen zu können. In dieser Phase werden oft Versprechen gemacht. Jeder Anruf wird als neue Kontaktaufnahme oder der Versuch wieder in Beziehung zu treten gedeutet. 
    Der Schmerz ist kaum aushaltbar und zumeist auch körperlich spürbar. Wichtig ist es jetzt, keine großen Pläne zu machen. Es gilt den Tag zu überstehen. Freund*innen sind jetzt ganz wichtig, zum Reden zum Trösten und zum Reichen von Taschentüchern.
     
  2. Phase: „Aufbrechen der Gefühle"
    In dieser Phase stehen alle Gefühle im Vordergrund. Wut, Zorn, Ärger, Trauer, ein Gefühlscocktail der rasch wechselt. Wichtig ist es dabei, die Gefühle auch zuzulassen und entsprechend Ausdruck zu verleihen. Aktionismus ist dabei nicht gefragt, sondern vielmehr ein bewusstes Durchleben der Gefühle, auch wenn es noch so weh tut.
     
  3. Phase: „Verarbeitung"
    Schon wieder sind die Freund*innen gefragt. Um die vergangene Beziehung zu verarbeiten, ist Reden eines der wirksamsten Mittel. In nahezu endlosen Gesprächen werden nun die guten und schlechten Seiten der Beziehung und des oder der Ex erörtert. Wer diese Phase kritisch, aber nicht selbstzerstörerisch nutzt, hat eine echte Chance zur Veränderung und kann viele Erkenntnisse für die nächste Beziehung gewinnen.
     
  4. Phase: „Akzeptanz"
    Erst jetzt ist die Loslösung vollzogen. Die Beziehung gehört der Vergangenheit an und Platz für Neues wird geschaffen. Jetzt ist es auch möglich sich wieder neu zu verlieben oder bewusst Single mit allen Vor- und Nachteilen zu bleiben.
     

Liebeskummer kann Jede*n treffen, unabhängig von Geschlecht, Alter oder sexueller Orientierung. Es gibt leider keinen Schutz vor Liebeskummer, was aber im Akutfall sicher hilft, ist ein gut funktionierendes soziales Netz und ein gesunder Selbstwert.

Wer auch während einer gut intakten Beziehung seinen Interessen und Hobbies nachgeht, verfügt im Fall einer Trennung meist auch über eine Reihe von Ressourcen zum Verarbeiten der schwierigen Situation.

Das Gleiche gilt natürlich auch für die Pflege von Freund*innenschaften. Wer auch während einer Beziehung den Kontakt zu seinen Freund*innen pflegt, wird im Krisenfall sehr wahrscheinlich auf deren Unterstützung zählen können.

Spätestens wenn nach mehreren Wochen keine Besserung eintritt, empfiehlt es sich professionelle Hilfe zu suchen.

Sofort sollte man zur Psychotherapie, in eine Kriseninterventionsstelle oder in eine Beratungsstelle gehen, wenn Selbstmordgedanken auftreten oder der Alltag nicht mehr bewältigbar erscheint, körperliche Hygiene vernachlässigt wird oder ein sozialer Rückzug vollzogen wird.

Auch der regelmäßige Griff zur Flasche oder zur Medikamentenschachtel ist ein Warnsignal bei dem sofort professionelle Hilfe gesucht werden sollte.

Psychotherapie oder Krisenintervention hilft Gedanken und Gefühle zu ordnen und Struktur ins Chaos zu bringen. In einem geschützten Rahmen können Gefühle geäußert, erlebt und verarbeitet werden, wodurch eine Strukturierung und Differenzierung entsteht.

Gemeinsam werden Wünsche und neue Zielsetzungen erarbeitet, neue Perspektiven gestaltet. Die vergangene Beziehung wird verarbeitet, Raum für Neues wird geschaffen und nicht zuletzt wird auch der Selbstwert gestärkt.

Die Dauer einer „normalen" Trauerphase anzugeben ist nahezu unmöglich, weil Trauer ein sehr individueller Prozess ist, der von unterschiedlichsten Faktoren abhängt. Ein gut funktionierendes soziales Umfeld ist mit Sicherheit sehr hilfreich. Ebenso ist Liebeskummer für Menschen mit gesundem Selbstwert leichter zu verarbeiten.

Eine normale Trauerphase kann mehrere Wochen oder, je nach Dauer der vorangegangenen Beziehung, sogar Monate dauern. Wichtig ist aber, dass sich eine kontinuierliche Verbesserung vollzieht. Bleibt die Intensität der Schmerzes und der Trauer über einen längeren Zeitraum hinweg gleich intensiv, ist es ratsam sich professionelle Hilfe zu suchen.

Der Liebeskummer ist dann weitestgehend überwunden, wenn das Thema im Alltag an Bedeutung verliert und nur noch fallweise an den oder die Ex gedacht wird und eine Neuorientierung erfolgt. Auch die Möglichkeit, die vergangene Beziehung mit einer gewissen Distanz und Differenziertheit betrachten zu können ist ein Zeichen dafür, dass der Liebeskummer überwunden ist.

Wie in jeder persönlichen Krise gibt es auch im Liebeskummer eine Chance. Wem es gelingt, die vergangene Beziehung zu reflektieren und aus den Fehlern zu lernen, wird daraus Kraft und neue Perspektiven für die nächste Beziehung schöpfen können.

Das sicherste Zeichen ist aber, wenn man sich neu verliebt und an die vorangegangene Beziehung nur mehr als einen Teil der persönlichen Vergangenheit denkt.